Stiller Abschied nach über 40 Dienstjahren
Für Volker Leopold (63), Leiter des Rettungsdienstes im DRK-Kreisverband Osterholz e.V., beginnt am 1. Dezember 2020 ein neuer Lebensabschnitt: Fortan werden seinen Terminkalender als Rentner dann vermutlich in erster Linie ehrenamtliche Verpflichtungen und Reisen mit seiner Frau füllen. Ganz ohne DRK und Blaulicht wird der Ruhestand aber wohl nicht vonstattengehen.
Als Volker Leopold im Februar 1979 seinen neuen Dienst beim DRK in Osterholz-Scharmbeck antrat, hatte der Landkreis kurz zuvor Katastrophenalarm ausgelöst. Ungewöhnlich starke Schneefälle legten das öffentliche Leben lahm. Die Menschen waren aufgerufen, ihr Haus nicht zu verlassen. Lebensmittelgeschäfte mussten schließen. Die Bundeswehr stellte mit Kettenfahrzeugen die Versorgung sicher. 41 Jahre später geht Leopold in Rente, mitten in der Corona-Pandemie. Ein Virus ist der Grund, dass der DRK-Rettungsdienstleiter einen stillen Abschied nehmen muss.
„Pech gehabt“, sagt Volker Leopold lapidar. „Das habe ich mir ja nicht ausgesucht. Aber man muss vernünftig sein und sich verantwortungsvoll verhalten. Vielleicht ergibt sich im nächsten Jahr die Möglichkeit, meinen Ausstand zu feiern“, hofft Leopold.
Seine letzten Tage im DRK-Kreisverband an der Osterholzer Bördestraße bieten die Chance, die letzten vier Jahrzehnte des künftigen Rentners Revue passieren zu lassen. Privates und Berufliches lassen sich dabei kaum trennen. Das Deutsche Rote Kreuz hatte für Leopold immer schon eine besondere Stellung im Leben. 1975 trat der gebürtige Ritterhuder als ehrenamtliches Mitglied in die Bereitschaft der DRK-Ortsgruppe seines Heimatortes ein. Hier wurde er zum Sanitäter ausgebildet und übernahm fortan an den Wochenenden und im Urlaub ehrenamtlich regelmäßig Schichten auf dem Rettungswagen.
Wenig später war Leopold auch in der neuen Leitstelle zu finden. Eigentlich wollte der gelernte Einzel- und Außenhandelskaufmann hier 1978 hauptamtlich anfangen. Fast zeitgleich bot ihn aber der DRK-Kreisverband Osterholz e.V. die Stelle als Rettungsdienstleiter an. „Die Ausbildung, um in der Leitstelle arbeiten zu können, hatte ich bereits absolviert“, erinnert sich Volker Leopold. „Aber die beruflichen Möglichkeiten, die ich als Leiter des Rettungsdienstes haben würde, reizten mich noch mehr.“ So bezog er sein Büro im Gebäude des DRK-Kreisverbands und sprang fortan in der Leitstelle ein, wenn dort Not am Mann herrschte.
Zu den beruflichen Meilensteinen Volker Leopolds gehören der Bau der Rettungswachen in Schwanewede und Hambergen in den 1980er-Jahren, die Etablierung eines modernen Notarztsystems 1994 und die fortlaufende Qualifizierung seiner Rettungsdienst-Mitarbeiter. „In den Anfangsjahren suchten wir Rettungssanitäter mit 520-Stunden-Ausbildung, um unsere Fahrzeuge adäquat zu besetzen“, erinnert sich Leopold.
Viele der alten Rettungssanitäter wurden einige Jahre später zu Rettungsassistenten ernannt. Die Anforderungen im Einsatz stiegen allerdings stetig. Leopold suchte deshalb den Kontakt zur DRK-Rettungsschule in Goslar und schloss sich dort einem Modellprojekt an: die drei- statt zweijährige Ausbildung zum Rettungsassistenten. Das Projekt war von der Schule und dem Fachausschuss Rettungsdienst innerhalb des DRK-Landesverbandes auf den Weg gebracht worden. Volker Leopold war Mitglied dieses Ausschusses und teilweise auch dessen Vorsitzender.
Vier Azubis durchliefen in den Folgejahren das Programm. Dann beschloss der Bund 2014, dass künftig Notfallsanitäter erforderlich sein sollten, um Notfallpatienten versorgen zu dürfen. „Wir haben sofort beschlossen, die neue, sehr umfangreiche Ausbildung künftiger Notfallsanitäter anzubieten“, erzählt Leopold. Bis heute haben schon acht junge Notfallsanitäter und -sanitäterinnen beim DRK-Kreisverband Osterholz e.V. ihre Berufsausbildung absolviert.
„Jugendliche bringen Schwung in den Laden“, lacht der Rettungsdienstleiter. „Das war auch früher schon so, als wir noch Zivildienstleistende im Team hatten.“ Allein im Rettungsdienst setzte das DRK bis zu 24 Zivis auf seinen Wachen im Landkreis ein. Über 1.000 Zivildienstleistende sah Leopold im Laufe der Jahre kommen und gehen.
Viel Kraft haben Volker Leopold die Jahre abgefordert, als er zusätzlich zum Rettungsdienstleiter die Aufgaben des Kreisgeschäftsführers übernahm. 1999 erkrankte sein Vorgänger auf diesem Posten plötzlich. Das DRK-Präsidium bat daraufhin Volker Leopold und Angelika Krause, die Geschicke des Verbandes in ihre Hände zu nehmen. Das Duo teilte die Aufgaben unter sich auf und manövrierte den Kreisverband durch schwierige Zeiten. 2014 ging Angelika Krause in Rente. Leopold konnte und wollte die vielfältigen Aufgaben nicht allein übernehmen, sodass ihn 2017 Patrick Grotheer als neuer Kreisgeschäftsführer ablöste.
„Ich bin sehr froh, dass ich mich in den letzten Jahren wieder vollständig auf den Rettungsdienst konzentrieren konnte“, sagt Volker Leopold. „Dadurch war es mir möglich, Projekte anzustoßen, die in den nächsten Jahren nach meinem Ausscheiden umgesetzt werden können.“ Unter anderem gehören dazu der Neubau der DRK-Kreisgeschäftsstelle samt Rettungswache an der Bördestraße in Osterholz, die Erweiterung der Rettungswache in Hambergen und der Neubau einer Notarzt-Station am Kreiskrankenhaus.
Konkrete Pläne für die Zukunft hat der (Noch)-Rettungsdienst-Chef nicht. Künftig wird der begeisterte Fußballer und Radfahrer mehr Zeit für seine Hobbys haben. Zusammen mit seiner Ehefrau könnte man Volker Leopold demnächst auch häufiger auf Amrum, Texel oder an der Ostseeküste in Kühlungsborn treffen, wo das Paar immer schon gerne ihre Urlaube verbracht hat. Zudem werden Leopolds Dienste bis 2023 auch als ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht in Verden gebraucht. Und aus Reihen des DRK wurde schon die Frage an ihn herangetragen, ob er nicht ehrenamtlich in der Schnell-Einsatz-Gruppe mitarbeiten möchte. „Das kann ich mir durchaus vorstellen“, verrät der neue Rentner. Ganz ohne Rotes Kreuz und Blaulicht geht es also wahrscheinlich auch im nächsten Lebensabschnitt nicht.